
Dresden Neustadt
1852 - der Leipziger- und Schlesische Bahnhof sowie die Elbbrücke
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4.5 Die Herausbildung des Dresdner Eisenbahnnetzes und die Auswirkungen auf das Wachstum
der Stadt
Für den weiteren Ausbau des Verkehrswesens im Dresden des
19. Jahrhundert ist darauf hinzuweisen, daß die Stadt schon seit dem Mittelalter
eine große Bedeutung als Brückenort und Kreuzungspunkt wichtiger Handelsstraßen
in Nord-Süd und Ost-West- Verbindungen besaß. Die Lage am Strom bildete
dabei eine günstige Voraussetzung für den Güterumschlag zwischen Schiff
und Pferdefuhrwerk. Doch die traditionellen Verkehrsmittel genügten den
Anforderungen des 19. Jahrhunderts nicht mehr. Billigere Transportkosten
und eine Verbesserung des gesamten Verkehrsnetzes wurden erforderlich.
Gründe dafür waren vor allem:
- die allmähliche wirtschaftliche Stabilisierung des Landes nach 1830
und der gewerbliche Aufschwung,
- die Schaffung eines nationalen Marktes mit der Gründung des norddeutschen
Zollvereins (Eintritt Sachsens 1834) und
- der Anpassungsdruck zur Konkurrenzfähigkeit, der nach Aufhebung der
Kontinentalsperre durch billige englische Waren auf dem Festland herrschte.
Es waren also vornehmlich handelspolitische Erwägungen, die den Ausbau
der Eisenbahn vorantrieben, um besonders die Verbindungen zu dem entstehenden
europäischen Handelsnetz herzustellen, damit Sachsen nicht vom Welthandel
abgeschnitten wurde.(104)
1836 gelang die Fertigstellung der ersten in Deutschland gebauten Lokomotive,
der "Saxonia", durch den Unternehmer Johann Andreas Schubert in der Maschinenbauanstalt
Übigauer Schloß nahe Dresden. Bald darauf konnte am 7. April 1839 unter
großer Anteilnahme der Bevölkerung die erste deutsche Fernbahnstrecke
Leipzig - Dresden (115,4km) eröffnet werden, wohlbemerkt mit leistungsfähigeren
englischen Lokomotiven.(105)
Der Bau der Eisenbahn leitete eine Revolution des gesamten Verkehrswesens
ein und beeinflußte die städtebauliche Entwicklung Dresdens ganz entscheidend.
Es mußten Entscheidungen getroffen werden über die Führung der Bahnstrecken
an das Stadtgefüge, die Lage der Bahnhöfe und über verschiedene Standorte
von Bahnübergängen bzw. Elbbrücke(n). Bei diesem Prozeß kam es zu Beeinträchtigungen
städtischer Interessen, da z.B. die Eisenbahnlinie einzelne Stadtgebiete
voneinander trennte oder städtisches Territorium für Eisenbahnanlagen
und Speicheranlagen etc. blockiert wurde. Eine der wichtigsten städtischen
Forderungen konzentrierte sich auf die Bewahrung der reizvollen landschaftlichen
Situation der Stadt.
Die Herausbildung des Dresdner Eisenbahnnetzes vollzog sich im wesentlichen
in den Jahren 1834-1859. In dieser Zeit wurde auch die Lage der einzelnen
Bahnhöfe festgelegt. Durch das Zusammentreffen dreier Eisenbahnlinien,
die Dresden mit der Messestadt Leipzig, mit Schlesien und Böhmen verband
(später folgten Chemnitz/Hof und Berlin), entwickelte sich die sächsische
Hauptstadt bis zum Ende des Jahrhunderts zu einem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt.
In den Jahren 1888- 1901 konnte die trennende Wirkung der Bahnlinien innerhalb
des bebauten Stadtgebietes durch die Anlage eines Viaduktes vermindert
werden. Mit dem Bau des Haupt- und des Neustädter Bahnhofs wurde das jahrzehntelange
Ringen um eine Konzentration der Dresdner Bahnhöfe abgeschlossen.
Im folgenden soll jedoch mehr die erste Phase des Eisenbahnbaus betrachtet
werden.
4.5.1 Die Führung der Bahnlinien
Die erste Ferneisenbahnlinie Sachsens und Deutschlands überhaupt, zwischen
Leipzig und Dresden, wurde durch eine private Eisenbahngesellschaft finanziert
und gebaut. Von den zwei Vorschlägen über die Führung der Bahnlinie entweder
auf rechtselbischer Seite (Endpunkt: Leipziger Straße) oder auf linkselbischer
Seite (Endpunkt: Löbtauer Straße) entschieden sich Regierung, Rat und
Eisenbahn-Compagnie für die Ausführung der ersten Variante aus topographischen
Gründen und der besseren Anschlußmöglichkeiten nach Berlin, der Lausitz
und Schlesien (Abbildung Nr.5 - Dresden Neustadt 1858).(106)
Nach deren Fertigstellung 1839 folgte acht Jahre später mit finanzieller
Beteiligung des Staates die Sächsisch-Schlesische Bahnlinie. Auch hier
gab es zwei Varianten, wobei die direkte Verbindung quer durch die Dresdner
Heide von vornherein nicht in Betrachtung gezogen wurde. Man wollte die
Heide, seit Jahrhunderten kurfürstliches Jagdrevier und ab 1831 Staatsbesitz,
als zusammenhängendes Waldstück weitestgehend erhalten.
Der erste Vorschlag, die Trasse längs des rechten Elbufers zu führen,
wurde aus Gründen des Landschaftsschutzes, der Hochwassergefahr, sowie
des ungünstig ansteigenden Geländes entlang der Loschwitzer Weinhänge,
fallengelassen. Die drei zuständigen Instanzen, Bahngesellschaft, Oberbehörde
und Rat, wählten eine Streckenführung, welche die Dresdner Heide nordwestlich
schneidet und dann längs der Königsbrücker Straße in das Neustädter Gebiet
mündet (Abbildung Nr.5 - Dresden Neustadt 1852).(107)
Die Trassenführung der Sächsisch-Böhmische Bahnlinie, ganz auf Staatskosten
errichtet, zog sich außerhalb des bebauten Stadtgebietes südlich der Seevorstadt
entlang und endete genau in der Weiterführung der alten Nord-Süd- Handelsstraße.
Eine mögliche Variante, die unbebaute, städtische Bürgerwiese als Einfahrtsschneise
für die Eisenbahn aus Böhmen zu nutzen und damit den Bahnhof näher an
die Innenstadt heranzuführen, wurde nicht in Betracht gezogen. Von Anfang
an ging die Bahngesellschaft von der naheliegenden direkten Anbindung
der Dresden - Prager- Linie an die Leipziger Bahn aus, so daß ein innerstädtischer
Kopfbahnhof unzweckmäßig schien. 1851 konnte diese Bahnlinie eröffnet
werden, nachdem bereits zehn Jahre früher die österreichische Seite den
Bahnbau bis zur Grenze besorgt hatte (Abbildung Nr.6 - Dresden 1858).
Für die weitere Stadtentwicklung bedeutsam ist die Tatsache, daß die Stadt
nicht vollständig von Eisenbahnlinien eingefaßt, sondern nur von einem
Teilring umgeben wurde. Mehrere Vorschläge seitens der Eisenbahngesellschaften,
im östlichen Bereich der Stadt eine weitere Bahnlinie zu errichten, konnte
der Rat abschmettern. Damit gelang es, die enge Verbindung der großen
Neubaugebiete (Johannstadt, Striesen, Blasewitz) mit dem Stadtzentrum
ohne Unterbrechungen aufrecht erhalten werden. Der Ingenieur- Leutnant
C. Gräf schlug z.B. vor, anstelle des Böhmischen Bahnhofes einen neuen,
großzügigen Ostbahnhof etwa in Höhe des Rampischen Schlages zu errichten,
der über eine weitere Eisenbahnbrücke zu den beiden Neustädter Bahnhöfen
geführt hätte.(108) In der erfolgreichen
Abwendung solcher Projekte blieb die einzigartige Flußlandschaft von gröberen
Eingriffen in diesem Bereich der Stadt verschont.
4.5.2 Die Lage der Bahnhöfe
Einen außerordentlich hohen Stellenwert für die weitere Stadtentwicklung
besitzen die Standorte der Bahnhöfe. Bahnhöfe wurden im 19. Jahrhundert
der anschaulichste architektonische Ausdruck des technischen Zeitalters.
Sie entwickelten sich bald zu Hauptartikulationspunkten der modernen Stadt,
zu neuen Zentren pulsierenden urbanen Lebens. Dadurch veränderte sich
die städtische Geographie und die innere Logik der stadtbildenden Komponenten.
Während in Dresden auf Neustädter Seite der Leipziger- und der Schlesische
Bahnhof die Niederlassung von Industrie- und Speditionsunternehmen anregte,
löste in der Altstadt der Böhmische Bahnhof die Ansiedlung von weiteren
Stadterweiterungsgebieten aus. Die Verbindungsstraße zwischen Zentrum
und dem Personenbahnhof, die Prager Straße, gab der Entwicklung in der
Seevorstadt zusätzliche Impulse und wurde für dieses Gebiet zur dominierenden
Stadtachse.
Für die Festlegung der Endstationen von Bahnlinien spielten vornehmlich
bodenökonomische Überlegungen eine Rolle. Deshalb entschied man sich auch
in Dresden, die Bahnhöfe noch vor der Akzisemauer und den Zollschlägen
zu errichten. Das hatte auch den Vorteil, daß die Innenstadt von den Lärm-
und Schmutzbelästigungen, die vom Bahnbetrieb ausgingen, verschont blieb.
Das Zeitargument, nämlich die Bahnhöfe so dicht wie möglich an die Innenstadt
heranzuführen, schien bei den Überlegungen in Dresden vorerst kein dominierender
Faktor gewesen zu sein, wie es z.B. in Leipzig oder Berlin der Fall war.(109)
In Leipzig dagegen war eine direkte Anbindung an die Altstadt möglich
gewesen, da die Eisenbahncompagnie ein größeres, unbebautes Areal nördlich
des Rings erwerben konnte, während es in Dresden keine nennenswerte, größere
Freifläche mehr direkt am Ring gab, sieht man vom Areal der Bürgerwiese
ab.
Folgende Bahnhöfe wurden bis zur Jahrhundertmitte errichtet:
- der Leipziger Bahnhof
Für den Leipziger Bahnhof der Dresden-Leipziger Linie hatte die Compagnie
ein Gelände in der Neustadt zwischen den Landstraßen nach Großenhain/Berlin
und Meißen kaufen können. Eine Weiterführung der Linie näher an das Stadtzentrum
hätte der privaten Aktiengesellschaft einen unverhältnismäßigen Anstieg
der Kosten verursacht. Der Bau dieser für damalige Verhältnisse enorm
langen Strecke hatte ohnehin bereits riesige Summen verschlungen und lag
mit 4 385 970 Talern bereits weit über den anfänglich veranschlagten Ausgaben.(110)
Zudem spielte bei der Standortfindung die Lage zur nahen Elbe eine nicht
unerhebliche Rolle.
- der Schlesische Bahnhof
Die Sächsisch- Schlesische Eisenbahngesellschaft zog 1845 während des
Baus der Strecke in Erwägung, den Bahnhof auf linkselbischer Seite anzusiedeln,
da die Dresdner Altstadt die bedeutungsvollere Stadthälfte darstellte.
Grundstücksbesitzer und Einwohner der Neu- und Antonstadt appellierten
in einem Schreiben an die II. Kammer, dieses Vorhaben nicht zu realisieren,
da bei einer Lokalisierung des Bahnhofes auf der anderen Elbeseite, eventuell
einschließlich des Leipziger Bahnhofes, eine Isolierung der gesamten Neustadt
befürchtet wurde.(111) Die Bevölkerung
erkannte die Ausstrahlungskraft und die wirtschaftlichen Impulsmöglichkeiten
einer Bahnhofsanlage. In ständiger Konkurrenz zur weitaus gewichtigeren
Altstadt drängten die Neustädter Bewohner auf gleiche Entwicklungschancen.
Ihre Appelle wurden von der Ständeversammlung berücksichtigt und der Schlesische
Bahnhof in unmittelbarer Nähe des 1839 fertig-gestellten Leipziger Bahnhofes
gebaut.
- der Böhmische Bahnhof
Einen weiteren Vorgeschmack auf den in den 80er Jahren unerbittlich ausgetragenen
Streit zwischen den Bewohnern der Alt- und der Neustadt über den zukünftigen
Standort des Zentralbahnhofes bietet die Diskussion um die Planung des
Bahnhofes der Sächs.-Böhmischen Bahn. Um die untergeordnete Bedeutung
eines Durchgangsbahnhofes zu vermeiden, forderte die Altstädter Bürgerschaft
Anfang der 40er Jahre für die linkselbische Seite auf alle Anschlüsse
mit den anderen Linien zu verzichten.(112)
Eine Verbindung bildete aber eine wesentliche Voraussetzung für die Verbesserung
des Güterumschlages, damit die im Transitverkehr gewonnene Zeit in Dresden
nicht wieder verloren ginge. Eine Trennung der Bahn in Dresden und damit
eine Unterbrechung der Nord-Südverbindung zwischen Hamburg und Triest
hätte gegebenenfalls eine Ausklammerung Sachsens aus dem europäischen
Eisenbahnnetz zur Folge haben können.(113)
Deshalb mußten die Bürger nach einem Einspruch des Ministeriums ihre Forderung
wieder aufgeben.
Der Böhmische Bahnhof wurde schließlich ab 1845 weit außerhalb der Seevorstadt
auf freier Feldflur angelegt, zunächst als provisorischer, hölzerner Bau.
Die periphere Stadtlage hatte jedoch den großen Vorteil, daß der Bahnhof
in kurzer Zeit wesentliche bauliche Impulse in südliche wie nördliche
Richtung ausstrahlte. Nördlich des Bahnhofes kam recht schnell die bereits
erwähnte Prager Straße zur Ausführung. Nach Süden dagegen entstand ab
1855 das sogenannte Schweizer Viertel.
Im Vorfeld der dramatischen Auseinandersetzung um die Lokalisation eines
Dresdner Hauptbahnhofes in den 80er Jahren ist noch der Vorschlag des
Oberingenieurs Preßler von 1850 interessant, der einen Zentral-bahnhof,
samt Güterabfertigung und eigenem Umschlaghafen, auf linkselbischer Seite,
nahe dem Elbufer zwischen Großem und Kleinem Ostragehege, errichtet wissen
wollte.(114) Er führte das Argument
des zentrumnahen Standortes in Verbindung mit der geographisch günstigen
Lage zum schiffbaren Elbstrom ins Feld. Glücklicherweise wurde auch dieser
Plan nicht realisiert. Die industrielle Ballung um einen Zentralbahnhof
hätte unweigerlich eine grobe Beeinträchtigung des Stadtbildes nach sich
gezogen, bedenkt man, daß der Abstand zum Zwinger keine 600m beträgt.
4.5.3 Die Bahnübergänge
Neben den Debatten um den optimalen Standort eines künftigen Hauptbahnhofes
war vorerst die Frage nach den Bahnübergängen von weitaus größerem Interesse.
Anfänglich verzeichnete man eine wirtschaftliche Belebung in der Nähe
der Bahntrassen. Bald war es aber nicht zu übersehen, daß die ebenerdigen
Trassen eine Abschnürung der Verbindung zum Stadtzentrum darstellten und
eine gewerbliche- oder Wohnansiedlung eher behinderten. Ein drastisches
Zurückgehen der Bauinteresse jenseits der Bahnlinien im Südwesten, Westen
und auf der Neustädter Seite war die Konsequenz. Die Stadtentwicklung
verlagerte sich mehr in Richtung Südosten und Norden.
Der Rat versuchte, diese ungünstige Entwicklung mit einem verstärkten
Drängen auf Anlage möglichst vieler Bahnübergänge zu korrigieren.(115)
Die Bahngesellschaften antworteten mit der hartnäckigen und geschickten
Weigerung, die kostspieligen Querverbindungen zu errichten, was ihnen
besonders auf der Neustädter Seite gelang.(116)
Der Mangel an Bahnübergängen trug so z.B. wesentlich dazu bei, daß sich
die Bautätigkeit in der späteren Leipziger Vorstadt verzögerte.
Auf Altstädter Seite konnte die Stadtverwaltung mit mehreren Übergängen
die Verbindungen zum "productreichen Plauenschen Grund" aufrechterhalten.(117)
Auch eine Stadterweiterung nach Süden hinter dem Böhmischen Bahnhof und
die bauliche Erschließung des begonnenen Schweizer Viertels hingen von
einer Überquerung der Bahntrasse in der Weiterführung der Prager Straße
ab. Eine Anbindung selbst durch schienengleiche Übergänge der Innenstadt
mit der Seevorstadt wurde jedoch durch den Widerstand der Eisenbahnverwaltung
in den 50er Jahren verhindert. (118)
Als die hölzerne Personenhalle 1861 durch einen festen Bau ersetzt werden
sollte, wurde der Fragenkomplex wieder akut. Die Stadt zeigte größtes
Interesse, daß die gewünschten Übergänge in Verlängerung der Carola- und
Prager Straße durch die Lage der neuen Empfangsgebäude nicht für immer
versperrt werden sollten (Abbildung Nr. 7, Dresden 1863). Zu diesem Zweck
wurde eine Verlegung des Güterbahnhofes der Sächsisch- Böhmische Bahnlinie
erforderlich. Nach einer Sondierung von verschiedenen Varianten entschied
man sich für den Standort im Südwesten des Böhmischen Bahnhofes zwischen
Falkenstraße und Tharandter Chaussee(119)
, wo dann 1864 bis 66 der Zentralgüterbahnhof angelegt wurde. Allerdings
verursachte der Standort erneut eine Trennung und zwar zwischen den Gebieten
von Löbtau, der äußeren Wilsdruffer Vorstadt und der Südvorstadt. Eine
Verbesserung konnte erst durch den Bau der Nossener Brücke 1878 und endgültig
um die Jahrhundertwende durch die Hochlegung der Bahn erreicht werden.
Die Frage der Bahnübergänge stellte insgesamt ein großes Problem für die
weitere Stadtausdehnung dar. Bis zu ihrer Hochlegung in den 90er Jahren
bildete die Bahnlinie trotz aller inzwischen unternommenen Bemühungen
eine deutliche Zäsur zwischen den neuen Vorstädten und der erweiterten
Altstadt. Der starre, absperrende Gürtel um die halbe Stadt kam fast einer
neuen Festungsmauer gleich.
4.5.4 Bahnbrücke über die Elbe
Nachdem der Versuch der Altstädter Einwohnerschaft, die Böhmische Bahnlinie
auf linkselbischen Gebiet enden zu lassen, abgeblockt worden war, stand
einer Verbindung zwischen Leipzig-Dresdner -und Sächsisch-Böhmischer Bahn
durch den Bau einer Elbbrücke nichts mehr im Wege.(120)
Nach Prüfung zweier anderer Elbübergänge in Höhe des Waldschlösschens
oder der Glacisstraße entschied die Regierung 1846, daß die Strecke in
einem weiten Bogen im Westen und Süden um die Stadt herumgeführt und die
Eisenbahnbrücke neben dem Großen Ostragehege und dem Garten des Japanischen
Palais gebaut werden sollte. Am 19. April 1852 konnte dann die neue Marienbrücke
eröffnet werden, die zur Hälfte auch als Straßenbrücke genutzt wurde.
Mit der Errichtung der Albertbahn nach Chemnitz (1853 begonnen, 1869 fertiggestellt)
und der Berlin- Dresdner Bahn (1873- 75) war das Dresdner Eisen-bahnnetz
im wesentlichen aufgebaut und die sächsische Hauptstadt zu einem wichtigen
Eisenbahnknotenpunkt Deutschlands bzw. Mitteleuropas geworden.
(103)
Die Eigentümer konnten in den großzügigen
Zuschnitten der Grundstücke meist keinen Vorteil
sehen und beklagten die schlechte wirtschaftliche
Ausnutzung ihres Bodens. Die Kreisdirektion wand
sich gegen solchen "Speculationsgeist", da
kleinere Parzellen mit höheren Gewinn verkauft
werden könnten. Sie "hält es vielmehr für ihre
Pflicht, im Interesse des Publicums darauf
aufmerksam zu machen, wie die in Folge einer
gewinnsüchtigen Baulust aufgeführten Gebäude
(...) entweder ungesunde oder unbequeme oder
wenigstens nicht anständige Wohnungen zu
enthalten pflegen". (RA, A XXIII 126, Bebauung
mehrer Feldgrundstücke der Königsbrücker Straße,
16.5.1838).
(104)
1833 erschien die Schrift des Nationalökonoms
Friedrich List "Über ein sächsisches
Eisenbahnsystem als Grundlage eines allgemeinen
deutschen Eisenbahnsystems und insbesondere über
die Anlegung einer Eisenbahn von Leipzig nach
Dresden", die zu einem bedeutenden Impuls für den
Bau der Bahnstrecke wurde.
(105)
Eine ausführliche Darstellung des Baus der
Strecke Leipzig - Dresden findet sich bei: Hubert
Kiesewetter, Industrialisierung und Landwirtschaft. Sachsens Stellung im regionalen
Industrialisierungsprozeß in Deutschland im 19.
Jahrhundert, Köln 1988, S. 576-582.
(106)
Vgl. Udo Becher, Die Leipzig- Dresdner Eisenbahn-
Compagnie, Berlin (Ost) 1981, S. 24ff.
Ein Gutachten des englischen Ingeneurs James
Walker Ende 1835 plädierte eindeutig für die
rechtselbische Seite, da die Führung der
Bahnlinie ab Riesa am linken Elbufer wegen des
Hochwassers zu riskant sei. Vgl. Die Bauten,
technische und industrielle Anlangen von Dresden,
Dresden 1878, S. 503.
(107)
Vgl. Albert Wiedemann, Die Sächsischen Eisenbahnen
in historischer und statistischer
Darstellung, Leipzig 1902, S. 26.
(108)
Carl Gräf, Die Verlegung des Böhmischen Bahnhofes
zu Dresden, Dresden 1874.
(109)
Die zwei Kammern hatten allerdings 1846
vorgeschlagen, den Böhmischen bzw. weitere
Dresdner Bahnhöfe, wenn möglich, im Mittelpunkt
der Stadt zu konzentrieren. Der Vorschlag fand
aber keine Berücksichtigung, Vgl. A. Wiedemann,
S. 40.
(110)
Vgl. U.Becher, Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn-
compagnie, S. 142.
(111)
RA, H. Dresd. 1541, Die projectierte Verlegung
des Sächsisch- Schlesischen und nach Befinden
auch des Leipzig- Dresdner Bahnhofes auf das
linke Elbufer betr., 12.12.1845.
(112)
Die sonderbare Forderung der Altstadtbewohner,
die Sächsisch- Böhmische Bahn auf alle Fälle auf
der linkselbischen Seite ausmünden zu lassen,
"damit der Handels- und Gewerbebestand" nicht
großen Schaden erleiden solle, wurde mit der
Unterbreitung einer Reihe von möglichen Standorten
für einen Kopfbahnhof unterstützt. (HSTA,
MdI 119, Die sächs.-böhm. Eisenbahn betr.,
17.4.1841).
(113)
HSTA, MdI 121, Prag-Dresdner Eisenbahn,
10.1.1844.
(114)
F.K. Preßler, Die Centralisation der Dresdner
Bahnhöfe, Dresden 1850.
(115)
Vgl. W. Pampel, Die städtebauliche Entwicklung,
S. 25.
(116)
HSTA, MdI 11 469, Erweiterung der Neustadt
Dresden durch neue Anbaue ..., 12.7.1838.
(117)
RA, F VI 65, Die behufs der Anlage des böhmischen
Bahnhofes zu verlängernde Seegasse ... ,
17.1.1845.
(118)
RA, F VI 123, Anlegung einer öffentlichen
Passage durch den Sächsisch- Böhmischen
Eisenbahnhof, 15.11.1852.
(119)
ebd., 30.10.1861.
(120)
Die Erfahrungen in Leipzig bestätigten außerdem,
daß eine unmittelbare Verbindung der Bahnhöfe
vorteilhafter ist. Dort lag der Dresdner/
Magdeburger Bahnhof im Norden, der Bayrische
Bahnhof (seit 1842) im Süden der Stadt. Um die
Transport- und Reisezeiten zu verkürzen wurde
1851 eine Verbindungsbahn gebaut.
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